Saint-Amand-Montrond/Le Châtelet (Jakobsweg)

Nach der äußerst ermüdenden Etappe am gestrigen Tag, als entlang des Canal du Berry und anschließend einer wenig erholsamen Nacht im Zelt, entschieden wir uns mit der Etappe Saint-Amand-Montrond/Le Châtelet es etwas ruhiger anzugehen. Der Heiße Boden, der sich am Vortag förmlich durch unsere Schuhsohlen gefressen hatte, war auch noch am Morgen an den Füßen zu spüren. Trotz des ruhigen Campingplatzes, des vorbestellbaren Frühstücks (für nebenbei verhältnismäßig günstige Preise), hatten wir uns nur wenig erholt. Die sanitären Einrichtungen auf dem Campingplatz waren gut, aber unserer Wahrnehmung nach auch typisch französisch: Duschen mit Einheitstemperatur und ein komisches Verhältnis von Duschen zu Toiletten, 10 zu 2.

Teilstrecke: Saint-Amand-Montrond/Le Châtelet

  • Streckenlänge: 27 km
  • Wo?: südliche Region des Département Cher
  • Wie lange?: Entspanntere Tagestour
  • Schwierigkeitsgrad: normalschwer
  • Unterkünfte: evtl. Bouzais oder privat

Endlich kein Kanal mehr

Mit Ende der gestrigen Etappe endete auch der ewige Weg entlang des Canal du Berry. Wir starteten um 9:30 Uhr in den Tag und versuchten direkt die nächste Unterkunft zu kontaktieren. Leider war der Empfang zu schlecht und wir konnten über das Telefon nur Bruchstücke verstehen. Trotz mehreren Versuchen gelang uns keine verständliche Kommunikation. Nach etlichen Versuchen entschieden wir uns mit etwas Ungewissheit fortzufahren. Ob man uns am Telefon verstanden hatte, sollte sich erst bei der Ankunft herausstellen. Nach etwa 4,7 km erreichten wir Bouzais. Ein entgegenkommender Rennradfahrer machte uns darauf aufmerksam bereits vor Ortseingang rechts abzubiegen. Wir wir schon oft erlebt hatten, sollte man die wertvollen Tipps von Einheimischen befolgen. So taten wir es auch und verließen die D951 Richtung Westen.

Dem Tode nahe

Naja, vielleicht etwas übertrieben, aber so etwas hatten wir bisher nicht erlebt und es war für uns Stadtmenschen eine ungewohnte wie auch gefährliche Situation. Nach etwa 6,5 km vor der Überquerung der A71 mussten wir eine Pause einlegen, weil eine Frau mit ihrem jugendlichen Sohn eine Kuhherde von einer Weide über die Autobahnbrücke auf eine andere führen wollte. Damit die Herde nicht in die falsche Richtung ausbüchst wurde uns kurzerhand ein Seil in die Hand gedrückt. Mit einem Holzstock und Schlägen auf den Boden trieb die Frau die Herde über die Brücke. Nur zu blöd, dass ein Auto aus der Richtung kam. Schnell den Rückwärtsgang eingelegt und seitlich in den Graben gefahren, konnte die Autofahrerin ihren Wagen und sich selbst schützen. Die Hirtin winkte uns zu, dass wir unsere Wanderung fortsetzen können und bedankte sich in einem kleinen Plausch bei der Autofahrerin. Was sie dabei außer Acht ließ? Ihre Kuhherde!

Ihr Sohn bändigte einen Teil auf die neue Weide, ein anderer Teil kam jedoch in vollem Tempo auf uns zu. Glücklicherweise kam in diesem Moment ein älteres Paar in einem alten Fiat 500 aus unserer Richtung gefahren. Ohne zu zögern sprang der Fahrer aus seinem Oldtimer, machte seinen Körper groß vor den anrasenden Kühen und rief ganz laut, sodass die Herde abrupt in die Eisen ging und nicht mal 2 Meter vor uns stoppte. Ein Verhalten, von dem wir als Standmenschen nichts wussten. Wir waren schutzsuchend in den seitlichen Graben geflüchtet.
Alles in allem eine Erfahrung, die einen zum Nachdenken anregt. Wäre der Mann mit seinem Fiat 500 nicht genau in diesem Moment an dieser Stelle gewesen, hatte der Tag vollkommen anders enden können. Faszinierender war zudem, dass die beiden genannten Autos die ersten und einzigen Begegnungen an diesem Tag waren. Eine sehr glückliche Fügung für uns. Schnell kam uns in das Gedächtnis, was unser Herbergsvater am Morgen in unseren Pilgerpass geschrieben hatte

Möge dich der heilige Jakobus auf deinem Weg beschützen.

Réné – Pilgerherberge Nos Repos, La Croix

Schreck verdauen!

Nach 16,5 km fanden wir in Lyoe-sur-Arnon endlich eine Möglichkeit den Schreck etwas zu verdauen. Bei einem kühlen und zugleich sehr teurem Getränk (0,5L Bier für 6€) ruhten wir uns in einer Café-Bar kurz aus. Vorteilhaft war die Lage direkt am Wanderweg, weshalb wir die erhöhten Preise in Kauf nahmen. Um 14:15 Uhr setzten wir unseren Weg fort in Richtung Le Châtelet. Nach 19,5 km erreichten wir Ardenais, etwa 6 km vor Le Châtelet. Von dort ging es entlang der D951 bis zu unserem Tagesziel. Wer etwas Weg sparen möchte kann schon in Lyoe-sur-Arnon westlich auf die D951 abbiegen und dieser bis zum Ziel folgen.
Trotz der schwierigen Kommunikation am Morgen hatte die Herbergsmutter alles für unsere Ankunft vorbereitet. Essen stand im Kühlschrank bereit und die Herberge war mit allem ausgestattet, was man benötigte. Insgesamt glich sie eher einer Ferienwohnung. Auch eine Waschmaschine war vorhanden. Am Abend kaufen wir noch im nahegelegenen U Express ein und liefen unsere Füße in entspannten Barfußschuhen und FlipFlops aus.

Gesamtstrecke: 26705 m
Maximale Höhe: 227 m
Minimale Höhe: 153 m
Gesamtanstieg: 226 m
Gesamtabstieg: -184 m
Gesamtzeit: 07:05:39